Mit dieser kritischen Frage wollen wir uns in diesem Artikel beschäftigen. Bereits im Mai 2013 machte Capture One Pro 7 als einer der besten RAW-Konverter auf sich aufmerksam. Das seit September 2014 erhältliche Softwareprodukt namens Capture One Pro 8 wird in der Fotografen-Szene als heissester Kandidat für eine sinnvolle Alternative für iPhoto gehandelt. Dies mag mir nur schwer zu glauben sein, denn nie habe ich etwas von dieser Software gehört. Allerdings habe ich in dem Kommentar Meine Fotos neu in OS X organisiert bereits erwähnt, dass nach sinnvollen Alternativen jetzt neu gesucht werden sollte und dies eine Chance ist, sich selbst nach seinen Bedürfnissen zu fragen, gerade was die anspruchsvolle Verwaltung von den eigenen Fotos angeht. In wie fern nun Capture One Pro 8 tatsächlich iPhoto ersetzten kann und ob sich die Software von Phase One behaupten kann, wollen wir hier beleuchten.
Installation und erster Start
Die Installation hat gefühlte drei Minuten gedauert und ist vorbildlich abgelaufen. Knapp 700MB sind zusätzlich in den Programm-Ordner geflossen, aber hey… jetzt habe ich doch einen angeblich würdigen iPhoto-Nachfolger auf der SSD. Ein schwarzes Fenster taucht auf und fragt mich, welches Capture One Produkt ich denn wählen möchte. Ich entscheide mich für die Pro-Version, denn diese verspricht mir die beste Bildqualität, verbundenes Fotografieren, leistungsstarke Bildorganisation und umfangreiche Anpassungswerkzeuge in einem flexiblen Arbeitsablauf. Dann habe ich die Auswahl zwischen Testen, Kaufen, Aktivieren. Nach dem Kauf will ich die Software aktivieren, muss aber ein Passwort für mein Profil erstellen. Nach kurzem hin und her gelingt mir diese Prozedur und der Mac teilt mir mit, dass die Software nun aktiviert wurde. Im Video könnt ihr den Kauf und die Aktivierung von Capture One nachvollziehen.
Nun nimmt mich die Software an die Hand und fragt mich im schwarzen Fenster weiter, ob mir Capture One neu ist, um mir Starthilfe zu geben oder ich bereits die Software kenne, damit gleich mit Sitzungen und Katalogen fortgefahren werden kann. Was glaubt ihr wohl, was ich gewählt habe?
Capture One ist mir neu
Daher freue ich mich, dass ich mir erst das Einführungsvideo anschauen kann, was ich an dieser Stelle auch wärmstens empfehle. Nehmt Euch die knapp 8 Minuten Zeit.
Die Versprechen
Die Liste der Feature liest sich sehr gut. Sechs Hauptfunktionen sind uns ins Auge gestochen:
- Kataloge
In Capture One Pro 8 organisiert ihr Eure Bildsammlungen effektiv mit Hilfe von Katalogen. Euch stehen unterschiedliche Typen von Bildsammlungen und organisatorische Werkzeuge zur Verfügung, um Tausende von Bildern in beispielloser Geschwindigkeit zu sichten und durchzusuchen. Ihr könnt mit einem oder mehreren Katalogen arbeiten, ganz wie es Eurer persönlichen Arbeitsweise entspricht.
Macht Euch die Zusammenarbeit einfach, indem ihr Kataloge mit Euren Kunden oder Mitarbeitern in einer Multi-User Umgebung teilt. Als neue Funktion könnt ihr jetzt Kataloge komplett oder teilweise exportieren und importieren, wenn ihr eine Bildserie und die dazugehörigen Einstellungen z.B. mit einem Retuscheur oder Mitarbeiter austauschen möchtet.
Capture One Pro 8 gibt Euch Entscheidungsfreiheit. Durch einen flexiblen Workflow spart ihr wertvolle Zeit für Euch und Eure Kunden.
Der erste Punkt hört sich doch super an und gibt mir ein klein wenig den Eindruck, dass es hier um professionelle Software gehen soll. Weitere Features lauten:
- Filmkorn
Capture One Pro 8 bietet ein neues Kornwerkzeug, mit dem ihr Euren Bildern Körnung hinzufügen könnt. So lassen sich ein „natürlicher“ Eindruck von Filmmaterial erzielen, Rauschen unterdrücken oder kreative Effekte umsetzen.
Die verbesserten Korn-Algorithmen basieren auf einem physikalischen Modell der Belichtung von Silberhalogenid-Filmen. Das Tool erzielt dadurch ein authentisches und sehr feines Korn, das vollständig skalierbar ist und absolut natürlich wirken soll.
- Perspektivkorrektur
Mit dem Perspektivkorrektur-Werkzeug von Capture One Pro 8 reduziert oder eliminiert ihr perspektivische Verzerrungen. Ihr könnt das Bild optimieren, indem ihr vertikale und horizontale Verzerrung manuell korrigiert oder verzerrte Aufnahmen durch Capture One Pro 8 schnell und einfach in natürlich aussehende Bilder umwandeln lässt. Das Werkzeug bietet Euch die geometrisch genaueste Methode, perspektivische Verzerrungen zu korrigieren.
Das Perspektivkorrektur-Werkzeug ist besonders hilfreich bei der Korrektur stürzender Linien in Architekturaufnahmen aus einem niedrigen Aufnahmewinkel.
- Live View
Live View hilft Euch bei der optimalen Komposition, Fokussierung und Belichtung Eurer Aufnahmen. Capture One Pro 8 bietet einen integrierten Live View Workflow, mit dem ihr direkt im Live View Modus aufnehmen könnt. Ihr könnt Eure Live View Umgebung so konfigurieren, dass ihr alle erforderlichen Werkzeuge jederzeit zur Hand habt.
Das neue Feature zur Mehrpunkt-Fokusmessung in Live View unterstützt Euch bei der Feineinstellung des optimalen Fokus in Eurem Motiv. Platziert einfach Eure Fokusmarkierungen in der Szene und justiert den Fokus aus der Kamera. Die Fokusmessung gibt Euch eine eindeutige visuelle Rückmeldung, wenn ihr die optimale Einstellung erreicht habt.
- Reparaturebenen
Mit Capture One Pro 8 habt ihr die vollständige Kontrolle über den Inhalt Eurer Bilder und die Beseitigung von Fehlern oder überflüssigen Objekten. Die neuen Ebenen zum Klonen und Reparieren ermöglichen Euch einfaches Klonen oder anspruchsvolle Fehlerbeseitigung mit vollständiger Kontrolle über die Größe und Form der zu bearbeitenden Bildbereiche.
Eine Klonebene erlaubt Euch ganz einfach, einen Bildbereich in einen anderen zu kopieren. Eine Korrekturebene verwendet komplexe Algorithmen, um bei der Anpassung einzelner Bildelemente natürlich wirkende Resultate zu erzielen. Die Klon- und Korrekturebenen sollen das Beste aus Euren RAW-Dateien herausholen und machen zusätzliche Retusche-Programme überflüssig.
- Geschwindigkeit
Capture One Pro 8 bietet zahlreiche Performance-Verbesserungen und verhilft Euch so zu einem deutlich schnelleren Workflow. Erlebt kabelgebundene Fotografie, Bildspeicherung und Generierung von Vorschaubildern sowie die Handhabung von Katalogen und Dateien in einer „besser-als-iPhoto-gefühlten“ Geschwindigkeit. Auch die Verarbeitung von Canon- und Nikon-Dateien ist deutlich schneller. Für den Test haben wir eine CANON IXUS 265 HS und eine NIKON V1 Systemkamera verwendet.
All diese Optimierungen ermöglichen es Euch, in hohem Tempo mit Euren RAW-Dateien zu arbeiten und Eure Bilder schnell und verzögerungsfrei zu durchsuchen.
Für Computer mit mehreren Grafikkarten bietet Capture One Pro 8 die erste echte Multi-GPU Unterstützung. So nutzt ihr Eure Computerleistung voll aus und erlebt Bildbearbeitung in bislang rascherer Geschwindigkeit.
Wie sich Capture One Pro anfühlt
Die Hintergrundeinfärbung schwarz scheint am Anfang ein wenig gewöhnungsbedürftig zu sein. Die Software ist so gar nicht im OS X Look & Feel. Muss sie aber auch nicht, denn wir wollen schliesslich Fotos verwalten und dafür brauchen wir wohl ein ruhiges Umfeld. Man muss sich schon ein wenig mit den ganzen Funktionen beschäftigen, bis sich der Nutzer heimisch fühlt. Aber meine Motivation ist extrem hoch, denn ich habe den Willen, den Capture One Pro zu meiner persönlichen iPhoto-Alternative zu machen. Dann probieren wir mal einige Funktionen aus.
Bilder importieren
Wie bekommen wir die Bilder in die Software? Als Erstes habe ich eine SD-Karte in den Slot meines MacBook Pro zu schieben. Automatisch öffnet sich das Dialogfenster „Bilder importieren“. In dem Bereich „importieren aus“ kann der Nutzer die SD-Karte gewählt lassen oder einen Ordner aussuchen und entscheiden, wohin die Bilder abgespeichert werden. Hier definiert man am besten einen Katalog oder wählt ebenfalls einen Ordner. Schön zu sehen, dass ich noch 475GB Platz für meine Bildkataloge habe. Was mir richtig gut gefällt, ist das Feature „Benennung“, welches der Funktionsweise einer separaten Software wie Name Mangler nahe kommt. Hier definiere ich das Format, wie beispielsweise BILDNAME + AKTUELLES DATUM (YY-MM-DD) und kann dann den Auftragsnamen eingeben. Zu guter Letzt erlaube ich mir noch zwei Felder im Bereich Metadaten einzutragen: Copyright und eine kurze Beschreibung. Die Bilder möchte ich nach dem Kopieren nicht löschen. Unten rechts befindet sich mein Glück zum erfolgreichen Import.
Umgang mit den Bilder
Die ersten 12 Bilder befinden sich in meinem Katalog, dessen Datei übrigens im Ordner /Bilder/Capture One Katalog abgespeichert ist und mittlerweile 89,7 MB gross ist. Alle Bilder bekommen jetzt eine Bewertung in Form von 1-5 Sternen und eine Farbmarkierung, damit ich diese auch rasch filtern kann. Die Suche hält auch weitere Kriterien wie Datum, Schlüsselworte und Geodaten bereit. Die Software fängt jetzt nach über einer Stunde an, mir gut zu gefallen.
Oben links habe ich neun Reiter:
Bibliothek (ähnliche Einteilung wie in iPhoto: Alle Bilder, Letzte Importe, Letzte Aufnahmen), Aufnahme (Belichtungsbeurteilung, Capture Pilot), Farbe (Histogramm, Weissabgleich), Belichtung (HDR, Tonwerte), Objektiv (LCC, Vignettierung), Bildaufbau (Zuschneiden, Trapezkorrektur, Überlagerung), Details (Navigator, Schärfung, Filmkorn), Lokale Anpassungen (Zusammenfassung aller Einstellungen), Metadaten (Schlüsselwörter und Metadaten).
Der nächste „Wow-Effekt“ lässt nicht lange auf sich warten. Stellt Euch vor, ihr befindet Euch in einem Meeting und möchtet Euren Katalog den Teilnehmern zur Verfügung stellen. Diese haben Ihre eigenen Smartphone oder Tablets (iOS & Android) mit dabei. Mit dem Capture Pilot startet ihr den integrierten Bildserver und verteilt einfach eine Einladung an Eure Teilnehmer, die wie folgt lautet:
You have been invited to view the Capture Pilot server ‚Capture One Catalog‘
To view the server in the Capture Pilot iPad/iPhone app, use the following link:
capturepilot://192.168.2.89:62164
To view the server in a web browser, click the following link:
http://192.168.2.89
Wenn ihr mit Eurem mobilen Endgerät die URL aufruft, wisst ihr spätestens dann, warum ihr Capture One Pro haben wollt.
Noch ein Feature – Web-Kontaktabzug erstellen
Unter „Datei“ verbirgt sich dieser vielversprechende Befehl, der ein neues Fenster aufpoppen lässt. Ich ahne schon, was ich als professioneller Fotograf damit anstellen könnte. Vorher habe ich mal testweise fünf Bilder aus meinem Katalog ausgewählt und bin dann auf „Web-Kontaktabzug erstellen“ gegangen.
Erst suche ich mir einen von vier Layouts aus. Ich bleibe direkt beim ersten Layout (Classic Dark) hängen. im Textblock bestimme ich eine Überschrift und eine Beschreibung, die ich in Echtzeit auf der rechten Seite sehen kann. Rasch ergänze ich noch den Copyright Hinweis und schreibe meinen Web-Link in die dafür vorgesehenen Felder. Bei BILDER entscheide ich mich noch dafür, dass die Bildunterschrift einfach „Laufende Nummern“ sind und gehe dann unten rechts auf „Exportieren“.
Schaut Euch hier meinen Contact Sheet an.
Sind das nicht mal coole Feature? Gerade die letzten zwei hier erwähnten Möglichkeiten eines Bildverwaltungsmanagers. Mit der Eingabe der URL erscheint der Katalog mit allen Bilder. Allein der Name Capture Pilot wirkt in meinen Ohren sehr modern und innovativ. Auf jedem der mobilen Endgeräte kann nun das Bild mit Metatags, Farben und einer Sterne-Bewertung neu gekennzeichnet werden!
Danach die Erstellung einer weiteren Web-Bilder-Galerie. Einfach den Ordner per FTP auf Euren Server hochladen und mit der index.html-Datei verknüpfen – fertig.
Ich könnte an dieser Stelle noch weiter machen und die intuitive Perspektive an Gebäuden ausprobieren, die Live-Bild-Funktion (bei Anschluss einer Kamera) vorstellen, die grobe Filmkörnung anwenden und vieles mehr. An dieser Stelle weise ich aber lieber auf noch weitere Informationen von Phase One hin.
Unterstützung aus dem eigenen Haus
Wer erst einmal mit der Software lernen möchte, kann eine Vielzahl aus kostenfreien Angeboten aus dem Hause Phase One nutzten. Dabei haben uns besonders drei Angebote sehr gut gefallen:
- Der eigenen Blog von Phase One.
- Diverse Video-Tutorials
- Angebot von Webinars
Mit dieser Hilfestellung werdet ihr in kürzester Zeit wohl selbst ein professioneller Fotograf werden, der sich mit der Verwaltung der Bilder in Capture One Pro bestens auskennt. Der Weg dorthin ist zumindest frei. Eure erstellten Kataloge werden mit einer größeren Motivation von Euch im Vollbild-Modus oder in einer eingestellten Diashow betrachtet werden.
Capture One Pro in der Version 8 ist auf jeden Fall ein mächtiges Werkzeug und eine professionelle Wahl für Eure Fotos. Der Funktionsumfang erschlägt im ersten Moment gewaltig und der Nutzer weiss nicht so recht, wo er anfangen soll und wo es weiter bzw. zurück geht. Trotzdem, als RAW-Konverter mit Details von mehr als 300 High-End-Kameras und Fotoverwaltungssoftware ist Capture One Pro 8 einer der heissesten Kandidaten auf dem Markt. Schaut Euch die Phase One Galerie in Ruhe an. Lasst Euch von den eindrucksstarken und detailgetreuen Bilder inspirieren, bis ihr die Lust verspürt, selbst wieder Eure Fotos in einem neuen Format zu verwalten, zu vertaggen und mit Schlüsselworten zu versehen. Wer sich jetzt von iPhoto verabschieden möchte und nicht länger auf die Fotos-App warten mag, sollte sich eine Testversion von Capture One Pro 8 anschauen. Sicherlich sind die anderen Anbieter mit Ihren Lichträumen & Co auch interessant und ich kenne genügend Leute, die darauf schwören, aber es bleibt Ansichtssache. Wem die hier aufgeführten Features zusagen und einfach mehr mit seinem Bildern erreichen will, als Otto Normalverbraucher; wer mit seinen Bildern und seinen Bildkonstellationen auch Geld verdienen will und diese in einem einfachen Webumfeld ins Netz stellen möchte, hat mit Capture One Pro 8 sehr gute Karten in der Hand. Damit beantworte ich auch die eingangs gestellte Frage positiv: Ja, Capture One Pro 8 kann iPhoto ersetzten und bietet sogar ein paar Features mehr, was aber die logische Konsequenz aus dem unterschiedlichen Zielgruppenansatz der beiden Hersteller Apple (für einfache Konsumenten) und Phase One (für professionelle Anwender) mit sich bringt.
Fazit
Jetzt Testversion 30 tage lang kostenlos nutzen
Mit über 327MB Freiheit auf der eigenen Festplatte könnt ihr Capture One Pro 8 nun 30 Tage lang kostenfrei testen. Ihr braucht lediglich Mac OS X 10.9 oder 10.10 und könnt nach 30 Tagen ein kostenpflichtiges Upgrade durchführen, um alle Funktionen wieder frei zuschalten. In dem Testzeitraum habt ihr eine voll funktionsfähige Version von Capture One Pro. Danach habt ihr die Möglichkeit, die Software für EUR 229,- zu kaufen oder wie andere professionelle Grafikprogramme für EUR 8,- im Monat zu mieten.
Danke für Euren Hinweis. DAS ist mein neues Foto-Programm auf dem Mac…!! Danke, danke.